FOOD SCIENCE und INDUSTRIE
Lebensmittelwissenschaft trifft Industrie - Tagung der norddeutschen Lebensmittelchemiker (Pressemitteilung der GDCH)
Dr. Renate Hoer; Abteilung Öffentlichkeitsarbeit;
Gesellschaft Deutscher Chemiker e.V.
Der Regionalverband Nord der Lebensmittelchemischen Gesellschaft kommt am 19. und 20. März an der Universität Hannover zu seiner Arbeitstagung 2012 zusammen. Die Tagung steht unter dem Motto „Food Science meets Industry“ und will erstmals den Austausch zwischen akademischen Nachwuchskräften und Unternehmen gezielt fördern. Neben Unternehmenspräsentationen gibt Professor Dr. Markus Fischer einen Einblick in die neu gegründete Hamburg School of Food Science. Erstmals wird der Food & Health Innovations Award verliehen.
Seit Juli 2011 bündelt die Universität Hamburg ihre Aktivität im Bereich Lebensmittelwissenschaften in der Hamburg School of Food Science (HSFS). Fischer, Gründer der HSFS, will in dem Kompetenzzentrum moderne Ausbildung und Forschung zu Lebensmittelsicherheit und Biochemie der Ernährung mit Blick auf wirtschaftliche Aspekte zusammenfassen. Angesiedelt ist die HSFS am Fachbereich Chemie der Universität. Die Einbindung wirtschaftlicher Fragen ermöglicht eine ganzheitliche Betrachtung der Lebensmittelsicherheit entlang der gesamten Produktions- und Vertriebskette („from farm to fork“ – „vom Bauernhof auf den Teller“). Außerdem werden ernährungsphysiologische Wirkungen von Lebensmitteln und Lebensmittelinhaltsstoffen erforscht und bewertet. Die HSFS bietet neue Bachelor- und Master-Studiengänge, die den bisherigen Staatsexamensabschluss erweitern werden. Darüber hinaus sollen Angebote für Schüler und Schülerinnen entwickelt werden: „Praktische Wochen“ mit Vorlesungen und Laborexperimenten sollen schon in der Schule Lust auf ein Studium der Lebensmittelwissenschaften machen.
Integriert in die HSFS ist die Food & Health Academy, die sich mit öffentlichen Vorträgen zu ernährungsrelevanten Themen wie Allergien, Übergewicht, Radioaktivität und Seuchen sowie zu wirtschaftlich und gesellschaftlich relevanten Themen wie Globalisierung und Nachhaltigkeit an die Bevölkerung wendet. Beratend steht der HSFS ein Beirat mit hochrangigen Persönlichkeiten aus allen Bereichen von Wirtschaft, Wissenschaft und Verbänden zur Seite, darunter der stellvertretende GDCh-Präsident Professor Dr. François Diederich, ETH Zürich.
Mit dem Food & Health Innovations Award (in Zusammenarbeit mit SGS Institut Fresenius) werden gezielt Studierende angesprochen, sich über Problemstellungen in den Bereichen Lebensmittel, Gesundheit und Ernährung Gedanken zu machen und diese in einem Kurzantrag an die HSFS zusammenzufassen oder in Form eines Postervortrags auf einer Tagung zu präsentieren. Mit dem Competence in Food Award (in Zusammenarbeit mit Eurofins und Krohn Rechtsanwälte) werden bereits erbrachte Leistungen im Rahmen der Ausbildung an der HSFS prämiert. Dies können herausragende Abschlussarbeiten oder auch Prüfungsleistungen sein.
Nachwuchswissenschaftler in der Lebensmittelchemie bearbeiten gesundheitsrelevante Fragestellungen mit großem Engagement und Verantwortungsbewusstsein. Ihre Ergebnisse werden nicht nur im jeweiligen Arbeitskreis ihrer Professoren, sondern vor allem auf Diskussionstagungen kritisch unter die Lupe genommen. Dipl.-Ing. Katharina Petersen befasst sich an der Fakultät Life Science/Food Science der Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Hamburg, mit dem trans-Fettsäuregehalt (TFS) von frittierten Backwaren aus bäckereihandwerklicher Herstellung. Sie hat Siedegebäcke, beispielsweise Berliner und Quarkbällchen, und Siedefette auf ihre TFS-Gehalte untersucht, weil diese sich auf Herz-Kreislauferkrankungen auswirken und eine erhöhte Aufnahme nicht empfehlenswert ist. Der Verbraucher wünscht für einen herzhaften Biss in das Gebäckstück aber eine gewisse Teigbeschaffenheit, die der Bäcker gern mit teilgehärteten Pflanzenölen mit hohen TFS-Gehalten erzielt. Aufgrund ihrer Untersuchungen empfiehlt Petersen in ihrem Vortrag in Hannover die Entwicklung neuer Siedefettblends, die sowohl eine gute thermische Stabilität als auch ein ernährungsphysiologisch vorteilhaftes, also TFS-freies Fettsäuremuster aufweisen.
Die Studentin der Lebensmittelchemie Tina Huth fertigt ihre Diplomarbeit am Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Oldenburg an, in der sie eine Methode zur Bestimmung von Pflanzenschutzmittelrückständen in Kalbfleisch validiert. Sie modifizierte dazu eine Methode zur Extraktion von Pflanzenschutzmitteln aus Obst und Gemüse und versetzte Proben von magerem Kalbfleisch mit 67 unterschiedlichen Wirkstoffen verschiedener Wirkstoffkonzentrationen. 85 Prozent der Wirkstoffe ließen sich herunter bis zu einer Konzentration von zwei Mikrogramm Wirkstoff pro Kilogramm nachweisen. Auf 94 Prozent konnte das Ergebnis mit Hilfe eines anschließenden verbesserten Analysenverfahrens erweitert werden. Basis der Arbeiten von Huth ist der mehrjährige koordinierte Kontrollplan der EU. Erfreuliches zeigte sich bei der Untersuchung von Fleischproben aus dem Handel: „Es konnten keine der messbaren Pflanzenschutzmittel nachgewiesen werden“, so Huth in Hannover.
Neben Ergebnissen aus Lebensmitteluntersuchungen, Methodenentwicklungen und neuartigen Analysentechniken werden auf der Arbeitstagung in insgesamt 15 Vorträgen und elf Posterpräsentationen auch Untersuchungen über funktionelle Inhaltsstoffe und unerwünschte Stoffe in Lebensmitteln präsentiert. Es werden über 130 Teilnehmer erwartet. „Ich bin begeistert, dass der wissenschaftliche Nachwuchs so viel Interesse an unserer Tagung zeigt“, sagt die Vorsitzende des Regionalverbands Nord der Lebensmittelchemischen Gesellschaft, Dr. Katrin Hoenicke, Business Unit Manager bei der Eurofins WEJ Contaminants GmbH. „Bislang sind 125 Anmeldungen eingegangen, davon etwa 70 Prozent von Studenten und 30 Prozent aus Untersuchungsämtern, Privatlaboren und der Industrie.“
Die Tagungen der Regionalverbände der Lebensmittelchemischen Gesellschaft, der größten Fachgruppe in der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh), sollen Lebensmittelchemiker auf den neuesten Stand des Wissens bringen und den Gedankenaustausch fördern. Die GDCh gehört mit rund 30.000 Mitgliedern zu den größten chemiewissenschaftlichen Gesellschaften weltweit. Sie hat 27 Fachgruppen und Sektionen, darunter die Lebensmittelchemische Gesellschaft mit annähernd 2.800 Mitgliedern. Diese veranstaltet alljährlich den Deutschen Lebensmittelchemikertag - in diesem Jahr vom 10. bis 12. September in Münster.
Informationsdienst Wissenschaft
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